GELIEBTE GEGNER - DIE GRÜNEN UND DIE MACHT

Die Halle ist sehr grün, die Delegierten strahlen, die Spitzenkandidaten winken und die enttäuschte Parteivorsitzende Claudia Roth wird mit Bonbons beworfen. Die Grünen Mitte November 2012 auf ihrem Parteitag in Hannover. Die Partei-Basis hat entschieden, mit wem sie in die kommende Bundestagswahl gehen will: Katrin Göring-Eckhardt und Jürgen Trittin. Alle Beobachter sehen eine Zeitenwende: Die Grünen sind jetzt bürgerlich, heißt es, sie sind in der Mitte angekommen, sie haben ein geklärtes Verhältnis zur Macht.

Als sie bei der Bundestagswahl vor 30 Jahren, am 06. März 1983, erstmals den Einzug in den Bundestag schafften, war das eine politische, mediale und kulturelle Sensation. Man hielt sie für eine schnell vorübergehende Erscheinung. Seit 1961 hatte es nur noch drei Fraktionen im deutschen Parlament gegeben: CDU/CSU, SPD und FDP. Otto Schily, damals grüner Bundestagsabgeordneter, über diese Zeit: „Also wir waren eine Provokation. Ich kann mich noch erinnern an den Walter Schwenninger, das war so ein Hüne, der hatte einen langen Bart und einen peruanischen Pullover an und dann stand er da so. Das war für die Leute, die da mit Krawatte und grauen Anzügen saßen, schon irgendwie unbehaglich und man hat auch versucht, uns, ja wenn man so will, zu mobben.“

Angetreten waren diese neuen Grünen als eine abenteuerliche Mischung aus Kommunisten, Wertkonservativen, Feministinnen, Pazifisten, Anarchisten, Tierschützern. Was sie politisch wollten, darüber waren sie sich nicht wirklich einig. Abrüstung und sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie, das war der kleinste gemeinsame Nenner. Vor allem aber wollten sie das verkrustete Parteiensystem der alten Bundesrepublik aufbrechen und eine neue politische Kultur schaffen, geprägt von Toleranz und Solidarität, von Gleichberechtigung und Gewaltfreiheit.

Wie diese Politik verwirklicht werden sollte, mit wem und unter welchen Bedingungen, darüber wurde bei den Grünen von Anfang an öffentlich und oftmals vernichtend gestritten. Keine Partei hat sich so schwer damit getan, ihr Verhältnis zur Macht zu klären, keine Partei hat so ein gespaltenes Verhältnis zu ihren führenden Köpfen und hat dabei so viele Menschen verschlissen wie die Grünen.

Und: Keine andere Partei hat so viele ihrer Ideale geopfert. Ausgerechnet die Grünen haben die ersten Kriegseinsätze der Bundeswehr in der deutschen Nachkriegsgeschichte legitimiert, mussten einen Ausstieg aus der Kernenergie verhandeln, der sich auch an den Interessen der deutschen Atomlobby orientierte.

Was haben die Kompromisse gekostet? Was bleibt übrig von den Träumen und politischen Visionen auf dem Weg zur Macht? Und wie verändern sich die Menschen dabei?

Die Dokumentation „Geliebte Gegner“ erzählt von der unerfüllten Sehnsucht der Grünen nach Wahrhaftigkeit in der Politik. „Geliebte Gegner“ erzählt, wie aus Ideen Politik wird und wie sich dabei die Perspektiven verändern. Ein Film über die Psychologie der Macht.

 

Buch / Regie: Annette Zinkant & Birgit Schulz
Kamera: Mathias Prause
Ton: Andrä Klaukien, Daniel Hallmann
Producer/in: Monika Mack, Rolf Bremenkamp
Produzentin: Birgit Schulz
Redaktion: Britta Windhoff (WDR)

Eine Bildersturm Filmproduktion im Auftrag des WDR, 45 Min.


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