DER KRIEG IST IMMER DABEI - AKTUELLE KULTUR IN ISRAEL

Der israelische Philosoph Avishai Margalit prägte den Begriff von der "Olympiade des Leidens" in seinem Land. Margalit ist der Überzeugung, dass die innen– und außenpolitischen Konflikte Israels, die im weiteren Sinne kulturelle Konflikte sind, bereits Teil der israelischen Kultur sind. Diese sehr provokante Aussage führt durch den Film.

Wir sehen vier Spannungsfelder, in die wir auch die Kulturprojekte und Kulturschaffenden einordnen:

Die Verdrängung und Verarbeitung des Holocaust
Gerade angesichts der 50–Jahr–Feiern gewinnt der Aspekt der völligen Verdrängung der Holocaust–Erfahrung bis in die Enkelgeneration der Überlebenden neue Brisanz. Die Konfrontation mit dem Holocaust kratzt bis heute an dem modernen Mythos von der Unschlagbarkeit des jüdischen Volkes, seitdem es wieder im Heiligen Land siedelt. So steht der Negativmythos vom Holocaust gegen aktuelle Mythen wie Unschlagbarkeit der Armee, Siedlungen etc. Der Journalist und Essayist Uri Avnery sagt: "Ganze Völker können sich in ihr Leid verlieben und die Juden und die Palästinenser haben das beide getan. Dieser Wettbewerb, wer hat mehr gelitten und die Diskussion, wer ist das Opfer, ist Teil dieses ganzen Syndroms."

Der israelisch–palästinensische Konflikt
Israelis und Palästinenser bleiben sich zutiefst fremd, und diese Spannung kann jederzeit in Gewalt umschlagen.

Der Konflikt zwischen den Ultraorthodoxen und den säkularen Juden
Der Kampf zwischen den orthodoxen und säkularen Juden wird immer radikaler. Die Kultur betrifft das insofern, als die Ultraorthodoxen mit all ihrer Macht, die seit dem Amtsantritt Netanjahus stark angewachsen ist, ihnen zu freizügig erscheinende Kulturprojekte zu verhindern suchen, notfalls auch mit Gewalt. Die westliche Orientierung der Künstlerszene in Tel Aviv und Haifa ist ihnen grundsätzlich ein Dorn im Auge.

Der Konflikt zwischen den aschkenasischen und den sephardischen Juden

Es gab immer schon einen Graben zwischen den Juden aus Westeuropa und Amerika und den Juden aus Osteuropa und den islamischen Ländern. Das Israelbild und die Kunstszene wird seit jeher von den – reicheren – aschkenasischen Juden geprägt, obwohl die sephardischen Juden mittlerweile in der Mehrzahl sind. Hier bahnt sich ein innenpolitischer Konflikt an, der oft unterschätzt wird.

Grundsätzlich ist der Film in die vier genannten Kapitel unterteilt. Als Strukturelement wurden Szenen aus Benny Barbaschs Roman "My first sony" nachgedreht. Die Hauptperson in seinem Roman ist ein kleiner Junge, der in einer sehr chaotischen Familie aufwächst. Dieser Junge zeichnet mit seinem Tape–Recorder alle Geräusche seiner Umgebung auf, nicht zuletzt, um für sich selbst Ordnung in das Chaos zu bringen. Die Szenen mit dem achtjährigen Kind wurden am Toten Meer, in der Wüste, an einem Checkpoint, im ultraorthodoxen Viertel Mea Shearim, in Hebron und in Yad Vashem gedreht – in Anlehnung an die Filmkapitel.

Im Auftrag des WDR, 1997
45 Min. Dokumentation


Ein Film von: Birgit Schulz
Kamera: Andreas Fiegel
Schnitt: Cornelia Zaluskovsky
Redaktion: Imke Wallefeld


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