BRASILIEN
AUF DEM WEG ZUR WELTMACHT?
Als Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff in diesen Tagen die UN-Vollversammlung eröffnete, hörten viele Delegierte genau hin. Brasilien, das lange nur für Karneval, Fußball und Drogen stand, ist zum Global Player geworden. Das Land fast so groß wie Europa, ist zum globalen Ernährer aufgestiegen, und versorgt die ganze Welt mit Soja, Zucker, Kaffee und Fleisch. Vor den Küsten wurden riesige Erdölvorkommen entdeckt. Konzerne wie der Ölmulti Petrobras, der Flugzeugbauer Embraer oder der Minenkonzern Vale gehören inzwischen zur Weltspitze. Auf der Forbes-Liste steht Präsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiter-Partei PT gleich nach Angela Merkel auf Platz Zwei der mächtigsten Frauen der Erde.
Die meisten der rund 200 Millionen Brasilianer haben vom Aufschwung profitiert. Alleine 40 Millionen sind der extremen Armut entkommen und können sich erstmals größere Anschaffungen leisten. In den Stadtzentren von Rio und Sao Paulo investiert die Regierung Milliarden, um hunderte von Favelas in normale Stadtviertel zu verwandeln mit Abwassersystemen, Strassenbeleuchtung, Postzustellung und mehr Sicherheit durch feste Polizeistationen. Inzwischen zählt die Mehrheit der Brasilianer zur Mittelschicht.
Trotzdem macht das Land im Vorfeld der Fußball-WM 2014 mit Massendemonstrationen von sich reden. Die Bürger der neuen Mittelschicht wollen mehr: Mehr politische Mitsprache, bessere Schulen und ein funktionierendes Nahverkehrssystem. Nach den rasanten Aufstiegsjahren droht auch wieder eine höhere Inflation. Nicht wenige Brasilianer haben sich durch Kreditkäufe verschuldet und fürchten um ihren neu erworbenen Lebensstandard.
Die beiden Autorinnen Nina Hellenkemper und Birgit Schulz beleuchten die Facetten des brasilianischen Aufschwungs, aber auch die Schattenseiten des neuen Brasiliens. Sie haben nicht nur Vorzeige-Unternehmen wie JBS, den größten Fleischkonzern der Welt, besucht, sondern zeigen unter anderem auch am Beispiel des Staudammprojekts Belomonte mitten in einem Indianergebiet im Amazonas, wie die Regierung von Dilma Rousseff ihre auf Wachstum orientierte Wirtschaftspolitik ohne Rücksicht auf ökologische und menschliche Belange durchsetzt.
Der Film verbindet die Analyse der brasilianischen Entwicklung mit der Lebensgeschichte Dilma Rousseffs. Während der Militärdiktatur gehörte sie zum Führungszirkel der Guerilla und ging dafür genauso ins Gefängnis wie ihr Amtsvorgänger Lula da Silva (von 2003-2010 im Amt), der damals die illegalen Streiks anführte.
„Der Riese ist aufgewacht“ rufen heute die Demonstranten auf den Straßen. Die Dokumentation zeigt, wie Brasilien selbstbewusst seinen Platz in der Welt fordert.
Regie: Birgit Schulz & Nina Hellenkemper
Kamera: Francisco Romenique Alves
Ton: Leonardo Cardoso de Souza
Schnitt: Oliver Held
Produktion: Rolf Bremenkamp, Monika Mack
Produzentin: Birgit Schulz
Redaktion: Monika Schäfer (NDR/arte)
Leitung: Ulrike Dotzer (NDR/arte)
Eine Bildersturm Filmproduktion im Auftrag des NDR, 52 Min.
In Zusammenarbeit mit ARTE
In Koproduktion mit Planet Schule / WDR